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Frauen, die in einem Restaurant arbeiten

Herausforderung und Möglichkeit: Anneke untersucht, wie Geflüchtete in der Gastro-Ausbildung Deutsch lernen

Anneke Groeneveld ist angehende Lehrerin am Berufskolleg und arbeitet neben dem Studium als Servicekraft in der Salam Kitchen. Das Restaurant in Münster steht im Fokus ihrer Bachelorarbeit: Die 25-Jährige hat untersucht, vor welchen Möglichkeiten und Herausforderungen Migrant*innen beim Lernen von Sprache im Betrieb stehen. Für ihre Abschlussarbeit hat Anneke nun den Hochschulpreis bekommen.

Herausforderung und Möglichkeit: Anneke untersucht, wie Geflüchtete in der Gastro-Ausbildung Deutsch lernen

Anneke Groeneveld ist angehende Lehrerin am Berufskolleg und arbeitet neben dem Studium als Servicekraft in der Salam Kitchen. Das Restaurant in Münster steht im Fokus ihrer Bachelorarbeit: Die 25-Jährige hat untersucht, vor welchen Möglichkeiten und Herausforderungen Migrant*innen beim Lernen von Sprache im Betrieb stehen. Für ihre Abschlussarbeit hat Anneke nun den Hochschulpreis bekommen.

Anneke studiert Lehramt an Berufskollegs mit der beruflichen Fachrichtung Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft und dem allgemeinbildenden Fach Biologie an unserer Hochschule und der WWU Münster. Für sie stand schnell fest, dass sie ihre Bachelorarbeit an der FH Münster schreiben möchte. Genauer: bei Prof. Dr. Julia Kastrup in der Fachdidaktik Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft am Institut für Berufliche Lehrerbildung (IBL) des Münster Centrum für Interdisziplinarität (MCI). Denn Fachdidaktik und Praxisbezug sollten im Vordergrund stehen.

„Seit 2020 arbeite ich in der Salam Kitchen und habe mit den dortigen Auszubildenden für ihre Abschlussprüfungen gelernt, vor allem mit meiner Kollegin Kathira“, erzählt sie. Für die angehenden, neu migrierten Fachkräfte sei besonders der schriftliche Part der Prüfung sehr herausfordernd. „Als sie ihre Ausbildungen begonnen haben, waren sie erst seit kurzer Zeit in Deutschland und mussten mit der Sprache teilweise bei null beginnen.“ Wie kann man sie unterstützen?, fragte sich Anneke – und so kam die Idee für ihre Abschlussarbeit. 

Frauen, die in einem Restaurant arbeiten
Mithilfe von Interviews hat Anneke qualitativ untersucht, wie die deutsche Sprache in der beruflichen Ausbildung erlernt werden kann und ob dies womöglich anhand der lebensnahen Themen Essen und Trinken einfacher gelingt. (Foto: FH Münster/Michelle Liedtke)

Dabei hat sie mit den vier Auszubildenden, der Ausbilderin und einer Lehrperson des Berufskollegs gesprochen. Und festgestellt: „Wenn Sprachunterricht in den Fachunterricht integriert wird, wird die Sinnhaftigkeit des Gelernten viel deutlicher – erst recht, wenn die Auszubildenden die Fachwörter auch in der Praxis benötigen.“ Doch auch ohne ausgeprägte Deutschkenntnisse würden die Arbeitsabläufe schneller verstanden, da die Tätigkeiten lebenswelt- und alltagsnah sind. Aber es gebe auch viele Herausforderungen: Die Begriffe in der Schule, vor allem bezogen auf die Inhalte der Theorieprüfung, unterscheiden sich häufig sehr von der Sprache in den Betrieben, in denen es weniger um Fachvokabeln als um alltagssprachliche Dialoge gehe. „Außerdem wird in der Gastronomie meist abends gearbeitet, also zu Zeiten, in denen sonst Gelegenheit zum Üben der Schulinhalte wäre – das Lernen kann zu kurz kommen“, sagt Anneke. „Insbesondere dann, wenn sich die Auszubildenden tagsüber um ihre Familie und den Haushalt kümmern.“

Frauen, die in einem Restaurant arbeiten
Anneke (l.) und Lotta Haupt an der Restauranttheke. (Foto: FH Münster/Michelle Liedtke)

„Die Arbeit mit den Auszubildenden ist toll“, erzählt Lotta Haupt, die an unserer Hochschule BWL studiert hat und die Salam Kitchen betreibt. „Bis eine Ausbildung startet, ist aber viel Vorarbeit notwendig.“ Etliche Briefe, Anträge, Behördengänge und Dokumente für den Aufenthalt in Deutschland. „Man lernt dabei sehr viel über die Probleme, Herausforderungen und die Ausweglosigkeit, vor denen viele Geflüchtete und weitere Neuzugewanderte stehen.“ Allen Ausbildungsbetrieben rät sie aus ihren Erfahrungen, „die Fühler auszustrecken und Unterstützung zu suchen“, und beispielsweise mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), den Berufskollegs und Trägern der Jugendhilfe – viele Geflüchtete sind bei Beginn einer Ausbildung noch minderjährig – zu sprechen.

Frauen arbeiten in einem Restaurant.
Anneke (l.) und Lotta bei den Vorbereitungen im Restaurant, bevor am Abend die Gäste kommen. (Foto: FH Münster/Michelle Liedtke)

Auch die betrieblichen Angebote und mögliche Lernunterstützungen hat Anneke in den Blick genommen. „Beispielsweise gab es das Projekt ‚Kitchen class‘ – ein Kooperationsprojekt zwischen Jobcenter, Arbeitsagentur, Amt für Schule und Weiterbildung sowie einem Bildungsträger. Daran haben auch die Auszubildenden der Salam Kitchen teilgenommen“, erzählt die Studentin. Die Idee: Vier Monate lang bekamen die Teilnehmenden vor ihrer Ausbildung vormittags Deutschunterricht mit gastronomischen Fachbegriffen und nachmittags durften sie sich praktisch in der Küche oder im Service ausprobieren. „Alle haben mir im Interview bestätigt, dass das viel gebracht habe“

Gemeinsam für Prüfungen zu lernen, bei Fragen offene Ohren in der Belegschaft zu finden und in den Betriebsablauf integriert zu werden, sei wichtig, und etwas, das die Auszubildenden in der Salam Kitchen schätzen. „Ein Gericht auf unserer Wochenkarte stammt derzeit von einem Azubi aus Guinea“, erzählt Lotta. „Wir möchten, dass sie im Betrieb mitgestalten können.“

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Kathira (links im Bild oben links) ist aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Nach ihrer Ausbildung arbeitet sie weiterhin in der Salam Kitchen – in manchen Schichten gemeinsam mit Anneke (oben). Unten: Kathira im Gespräch mit den Gästen. (Fotos: FH Münster/Michelle Liedtke)

Anneke studiert nun Lehramt an Berufskollegs im Master und macht derzeit ihr Praxissemester an einem Berufskolleg. Für ihre Tätigkeit als Lehrerin hat sie aus der gesamten Erfahrung viel mitgenommen: „Ich habe ein stärkeres Einfühlungsvermögen für Menschen mit Schwierigkeiten in der deutschen Sprache und den damit verbundenen Herausforderungen und auch ein besseres Verständnis für den Umgang und die Gestaltung von sprachsensiblem Unterrichten“, sagt sie.

Von Michelle Liedtke

Was ist der Hochschulpreis?

Gerade einmal ein Prozent aller Absolvent*innen eines Jahrgangs erhält ihn: den Hochschulpreis. Jedes Jahr kürt das Präsidium gemeinsam mit der Gesellschaft der Freunde der FH Münster e. V. (gdf) auf Vorschlag der Fachbereiche die besten Abschlussarbeiten. Zu den Preisträger*innen des Hochschulpreises für die besten Arbeiten aus 2022 gehört auch Anneke Groeneveld vom Institut für Berufliche Lehrerbildung (IBL). Sie erhält den Preis für ihre Bachelorarbeit „Sprache lernen im Lernort Betrieb: Möglichkeiten und Herausforderungen in der gastronomischen Ausbildung Geflüchteter am Beispiel der Salam Kitchen“. Eine vollständige Übersicht aller gewürdigten Absolvent*innen ist im unten verlinkten Jahresbericht ab Seite 38 abrufbar.


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