Berufsbildungsdialog von WWU und FH brachte Akteur*innen der beruflichen Bildung zusammen

„Migrationsbedingte Vielfalt in der beruflichen Bildung – Chancen und Herausforderungen in Zeiten des Fachkräftemangels“ war das Thema des Berufsbildungsdialogs unserer Hochschule und der WWU.

„Wir können derzeit wieder utilitaristische Diskurse zu Migration wahrnehmen – also dazu, wie diese wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann“, sagte Prof. Dr. Mona Massumi im Impulsvortrag beim Berufsbildungsdialog unserer Hochschule und der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster. Hinzu kämen auch Migration ablehnende oder im Gegenteil harmonisierende Stimmen, die alle bestehenden Probleme ignorieren. Diese unterschiedlichen Diskursrichtungen führen zu einem negativen Klima in der Gesellschaft und wiederum dazu, dass qualifizierte Arbeitskräfte abwandern und die gewünschte Zuwanderung ausbleibt, so die Professorin für Berufspädagogik an unserer Hochschule.

Im Fokus des Berufsbildungsdialogs auf dem Leonardo-Campus stand das Thema „Migrationsbedingte Vielfalt in der beruflichen Bildung – Chancen und Herausforderungen in Zeiten des Fachkräftemangels“. „Mit dieser Veranstaltung möchten wir mit Akteurinnen und Akteuren der beruflichen Bildung ins Gespräch kommen und ihnen die Möglichkeit zur Vernetzung und zum Austausch bieten“, erklärte Prof. Dr. Julia Kastrup, Leiterin des Instituts für Berufliche Lehrerbildung (IBL) des Münster Centrum für Interdisziplinarität (MCI) unserer Hochschule. „Derzeit scheitern Migrant*innen häufig im deutschen Bildungssystem“, so Massumi weiter. „Dafür werden meist die Neuzugezogenen selbst verantwortlich gemacht. Vielmehr weist dies aber auf ein Scheitern unseres Bildungssystems hin. Wir müssen die Diversität aller Gesellschaftsmitglieder wahr- und ernstnehmen“, appellierte die Bildungs- und Migrationsforscherin.

Auch Prof. Dr. Ulrike Weyland, Leiterin des Arbeitsbereichs Berufspädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der WWU, freute sich über die große Resonanz „bei diesem besonders wichtigen Thema“ – über 90 Teilnehmende waren der Einladung gefolgt. „Diese kooperative Form der Veranstaltung möchten wir fortführen, im nächsten Semester dann an der WWU“, gab Weyland bekannt.

Nach den Impulsvorträgen von Massumi und Susanne Blasberg-Bense, Abteilungsleiterin im Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW, gaben Silke Müller und Heike Wynhoff, Lehrerinnen des Robert-Wetzlar-Berufskollegs der Stadt Bonn als Good-Practice-Beispiel Einblicke in ihre Arbeit in der dualen Ausbildung für Hotelfachkräfte mit Neuzugewanderten. Wurden die neu zugewanderten Schüler*innen direkt in den Regelklassen unterrichtet, waren häufig Isolation und Demotivation die Folge. „Mit spezifisch eingerichteten Klassen schaffen wir einen geschützten Raum mit sprachsensiblem Lernen. Wo die Neuzugezogenen unterrichtet werden, entscheidet vorab ein Spracheinstufungstest“, erklärten die Berufskolleglehrerinnen. Es habe sich bewährt, viele Schreib- und Sprechanlässe zu schaffen, die Schüler*innen zunächst Übersetzungshilfen und Texte in ihrer Herkunftssprache nutzen zu lassen und sie in die Aufgaben- und Zielsetzung einzubeziehen. 

„Die abschließende Podiumsdiskussion gab für alle Akteur*innen weitreichende Erkenntnisse und Einblicke“, sagte Kastrup. Dabei tauschten sich Massumi, Blasberg-Bense, Müller, Wynhoff und Omar Gadban aus, der selbst Auszubildender und Klassensprecher einer spezifisch eingerichteten Klasse des Bonner Berufskollegs war. Er erzählte von den besonderen Schwierigkeiten, als Geflüchteter in Deutschland anzukommen, einen ersten Schulabschluss zu erwerben und erfolgreich eine Ausbildung zu absolvieren. Massumi hob die Bedeutung hervor, dass die Lehrer*innenbildung einen wichtigen Beitrag dazu leisten müsse, stärker auf die migrationsbedingte Vielfalt an Berufskollegs vorzubereiten, damit diese als Normalität und nicht als Belastung wahrgenommen wird. Zugleich waren sich alle Podiumsteilnehmenden einig, dass der bildungspolitische Wille zentral für die migrationsbedingte Öffnung des Berufsbildungssystems und Bildungssystems allgemein sei.

Zum Thema: Seit 2001 bilden unsere Hochschule und die WWU kooperativ Lehrkräfte für Berufskollegs aus, wobei die WWU die fachwissenschaftliche sowie fachdidaktische Ausbildung in den 16 allgemeinbildenden Fächern und das bildungswissenschaftliche Angebot im Studium verantwortet. Die Lehramtsausbildung der sieben beruflichen Fachrichtungen findet an unserer Hochschule statt, wobei die jeweiligen Fachbereiche Bauingenieurwesen, Design, Elektrotechnik und Informatik, Gesundheit Maschinenbau sowie Oecotrophologie und Facility Management die fachwissenschaftliche Ausbildung leisten. Das IBL verantwortet das Lehrangebot in den beruflichen Fachdidaktiken und beteiligt sich in Kooperation mit der WWU Münster zudem am berufspädagogischen Lehrangebot sowie an den praxisbezogenen Studienanteilen.

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