Der Antrieb für Friedrichsen ist ihre Neugier, Dinge auszuprobieren. „Wenn ich neuartige Tools sehe, fängt es in meinem Kopf direkt an zu arbeiten“, sagt sie. So entstanden bis jetzt fast alle neuen Instrumente in ihrer Lehre. „Dann tüftele ich so lange daran herum, bis etwas Brauchbares herauskommt. Die Einsatzgebiete ändern sich aber auch stetig und werden weiterentwickelt – mein Kopf hört nicht auf zu arbeiten.“ Sie lehrt seit vielen Jahren mit großer Empathie am Fachbereich Bauingenieurwesen, entwickelt ihre Lehrkonzepte und Didaktik stetig weiter und testet beharrlich neue Methoden.



Vor zehn Jahren fing Friedrichsen mit der Umstellung auf das Lehrkonzept des Inverted Classroom im Modul „Grundlagen Baubetrieb“ an. Dort erfolgt nun die Wissensvermittlung vorab über ILIAS-Lernmodule mithilfe von Texten und von Friedrichsen erstellten kurzen Lernvideos. In den Präsenzveranstaltungen mit 80 bis 100 Studierenden werden dann durch interaktive Animationsvideos, die ein konkretes baufachliches Praxisbeispiel behandeln, die wichtigsten Ergebnisse der letzten Veranstaltung wiederholt und das neue Thema in den richtigen Kontext gesetzt. An mehreren Stellen müssen die Studierenden dabei für die Protagonisten Entscheidungen treffen, was den weiteren Verlauf des Videos beeinflusst. Aufgrund der großen Gruppe arbeitet die Dozentin mit einer Abstimmungssoftware, so können alle Studierenden mitentscheiden und Friedrichsen erhält einen Überblick über den Wissensstand der Gruppe. Im nächsten Schritt bearbeiten die Studierenden Aufgaben, anhand derer sie prüfen können, ob sie die Inhalte aus der Selbstlernphase verstanden haben. Dabei stehen Friedrichsen und weitere anwesenden Mitarbeitende für Fragen parat. „Für mich steht eine gute und abwechslungsreiche Lehre, mit der ich die Studierenden zum Selbstlernen motivieren kann, im Vordergrund“, so Friedrichsen zu ihrer Motivation.

Was hat ein Brettspiel mit BWL zu tun? Für die Vertiefungsvorlesung „Grundlagen der BWL“ entwickelte Stefanie Friedrichsen ein Planspiel, das die Vorgänge in einem Bauunternehmen abbildet. Damit will sie vor allem die Abhängigkeiten der einzelnen Vorgänge innerhalb des Unternehmens sowie die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen begreifbar machen. Das Planspiel hat sie als haptische Ergänzung zu den vielfältigen digitalen Hilfsmitteln als Brettspiel konzipiert. Für das Modul erstellte Friedrichsen auch 36 Lernvideos, die anhand eines Beispielunternehmens die Inhalte der Vorlesung an praktischen Aufgaben im Bauunternehmen demonstrieren. Das Projekt wurde 2018 als Wandelfondsprojekt an unserer Hochschule gefördert. „Um die Materialien entwickeln zu können, nutze ich oft die Unterstützung des Wandelwerks. Es unterstützt mit den Wandelfonds finanziell Projekte, die sich mit neuen Lernkonzepten auseinandersetzen. So konnte ich auch durch die Unterstützung von wissenschaftlichen Mitarbeitenden die vielen Lernvideos in kurzer Zeit umsetzen.“

Wenn Friedrichsen etwas macht, dann richtig. Bis ins kleinste Detail versucht sie alles perfekt umzusetzen. „Am Anfang habe ich die Texte für die Videos in meinem Kleiderschrank aufgenommen, das war ein Tipp einer Kollegin für gute Akustik. Im nächsten Schritt bastelte ich mir eine Kabine aus einem Karton. Letztes Jahr habe ich mir dann aber auch endlich eine mobile Sprecherkabine angeschafft.“

Oft gibt es viele Bücher und Materialien für die Thematik der Lehrveranstaltungen, aber nichts spezifisch auf den Bau Zugeschnittenes. Stefanie Friedrichsen hat den Anspruch, immer einen Praxisbezug zu schaffen und diesen so zu verdeutlichen, dass die Studierenden sich den Inhalt selbst erarbeiten können. „Ich möchte meine Lehre ansprechend gestalten. Dabei steht für mich im Vordergrund, die Studierenden zu aktivieren und dabei immer den Bogen hin zur Bau-Praxis zu schlagen.“ Auf ihrem eigenen Youtube-Kanal hat Friedrichsen viele ihrer Lernvideos zu verschiedenen Themen aus dem Baubetrieb zur Verfügung gestellt. Sie behandelt darin die Themenfelder Baubetrieb, auftraggeberseitige Bauaufgaben, Betriebswirtschaftslehre in Bauunternehmen, Nachhaltiges Bauen, Immobilienbewertung und Projektentwicklung.

Mit den Jahren hat sich ein großes Potpourri an Instrumenten digital und haptisch bei Stefanie Friedrichsen angesammelt, mit denen sie ihre Lehrveranstaltungen bereichert. Die nächsten Ideen hat sie schon im Kopf. Der Bologna-Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Dieses Geld wird Friedrichsen teilweise für den Escape Room einsetzen, der große Rest ist jedoch noch nicht verplant. Bei der Entscheidung möchte Friedrichsen gerne die Studierenden miteinbeziehen. „Ich freue mich auf den Input der Studierenden. Es gibt sicherlich einiges, was ich noch nicht gesehen und ausprobiert habe.“
Von Lucie Golde